Engadiner Lehrwerkstatt: «Wir schulen auch Kreativität und Flexibilität»

Eine Lehre als Schreiner:in oder Informatiker:in – dies ist im Engadin möglich. In Samedan bieten die Engadiner Lehrwerkstatt für Schreiner und das Informatik-Ausbildungszentrum Engadin entsprechende Ausbildungen an.

Remo Püntener, du bist Geschäftsführer der Engadiner Lehrwerkstatt für Schreiner. Was ist am Schreiner-Beruf interessant?

Natürlich das Holz – dieses wunderschöne Naturprodukt ist einfach toll zu verarbeiten. Aus einfachen Brettern stellt der Schreiner oder die Schreinerin schöne Möbel und Gebrauchsgegenstände her. Dabei kann man seine Kreativität und sein handwerkliches Geschick voll ausleben. In der heutigen Zeit ist der Schreinerberuf ein Beruf, der nachhaltig Werte schafft.

Thomas Naef, du bist Berufsbildner am Informatik-Ausbildungszentrum Engadin. Was ist am Informatik-Beruf interessant?

Die Berufe der Informations- und Kommunikationstechnologie (ICT) sind enorm vielseitig und je länger je mehr beinahe «uferlos», da sich die ICT-Landschaft ständig wandelt. Bereits in der Grundbildung gibt es verschiedene Lehren mit Eidgenössischem Fähigkeitszeugnis (EFZ): von Informatiker:in über Betriebsinformatiker:in bis zu Mediamatiker:in und neu auch Gebäudeinformatiker:in. Dank des durchlässigen Schweizer Bildungssystems kann sich jemand nach einer Lehre weiterentwickeln.

Worauf achtet ihr in euren Ausbildungsgängen besonders?

Remo: Unsere Ausbildung ist darauf angelegt, die Lernenden zu fordern, ihnen Neues zu vermitteln, aber auch durch die berufsbildenden Personen sicherzustellen, dass immer eine Anlaufstelle vorhanden ist, wenn Fragen auftauchen.

Thomas: Wir bereiten unsere Lernenden darauf vor, dass sie im Berufsalltag einen guten Start haben. Das heisst in erster Linie, dass die Lernenden offen für Neues sind und auch neugierig bleiben. Wenn heute eine Betriebsinformatikerin die Lehre abschliesst, wird sie sich spätestens in fünf bis zehn Jahren mit ganz anderen Werkzeugen, Applikationen und vielleicht auch Methoden auseinandersetzen müssen als denjenigen, die sie in der Lehre kennengelernt hat. Das heisst im Umkehrschluss, dass wir auch Fähigkeiten wie Kreativität, Agilität, Flexibilität, Zusammenarbeit und das «Für-sich-Einstehen» schulen.

Welche Vorbildungen haben die jungen Leute? Was sollen sie mitbringen?

Remo: Ob Sekundar- oder Realschule spielt bei uns keine so grosse Rolle. Die Lernenden sollten aber in den Fächern Algebra und Geometrie gut sein. Noten über 5 wären ideal. Teamfähigkeit und eine gewisse Selbständigkeit sind weitere wichtige Voraussetzungen.

Thomas: Eine solide Ausbildung in Mathematik, Geometrie und Naturwissenschaften auf Niveau Sekundarschule ist sicherlich von Vorteil. Wenn jedoch ein:e Realschüler:in Biss hat und bereit ist, fürs Lernen des Schulstoffes eine Extrameile zu gehen, ist das ebenso wertvoll wie die Schulnoten aus der Oberstufe. Nebst den technischen Aspekten beinhalten die ICT-Berufe viele «geisteswissenschaftliche» Fähigkeiten. Informatiker:innen müssen sich sowohl gegenüber der Kundschaft als auch gegenüber ihren Mitarbeitenden ausdrücken können.

Wie kommt ihr zu euren Lernenden? Sind eure Ausbildungen für Knaben und Mädchen interessant?

Remo: Der Schreinerberuf ist mit all seinen Facetten für Frauen und Männer sehr geeignet. Um Kinder und Jugendliche auf die Ausbildung aufmerksam zu machen, machen wir beim Ferienspass und der Bündner MINT-Woche mit, führen viele Schnupperlehren durch und laden auch Schulklassen in unseren Betrieb ein, damit die Kinder möglichst früh mit dem wunderbaren Werkstoff Holz in Verbindung kommen. Und gerne sind wir auch Teil des Netzwerk MINT Engiadina.

Thomas: Wir schreiben die Stellen für das erste Lehrjahr jeweils Ende Sommer aus. Wer sich bei uns um eine Lehrstelle bewirbt, den oder die möchten wir zuvor während unseren Schnuppertagen kennenlernen. Meistens werden diese Schnuppertage während des achten Schuljahres absolviert. Wir beobachten jedoch eine Verschiebung der Schnupperlehren ins zehnte Schuljahr. Dann kommen sie meistens während gut zweier Monate jeweils einen Tag pro Woche in ein Praktikum. Mit den neu lancierten Aktivitäten im MINT-Bereich wie dem MINT-Camp und dem Ferienspass erhoffen wir uns natürlich, dass sich junge, neugierige Schüler:innen bereits vor der Oberstufe für die ICT interessieren. Ich bin überzeugt, dass Informatik für alle interessant ist, egal ob binär oder nichtbinär.

Interview

Dr. Béatrice Miller, Leiterin Bildungsinitiativen miaEngiadina

Weitere Informationen und Kontakt

Remo Püntener (links), Geschäftsführer der Engadiner Lehrwerkstatt für Schreiner in Samedan
Thomas Naef (rechts), Berufsbildner am Informatik-Ausbildungszentrum Engadin in Samedan