Inscuntrar Roman Grossrieder: «Das Engadin wird gestärkt aus der Coronakrise kommen»
Seit Mitte März lebt Roman Grossrieder mit seiner Familie im Homeoffice und Homeschooling in Zuoz. Welche Lehren zieht das Schulleitungsmitglied des Lyceum Alpinum Zuoz aus dieser Zeit für sich, seine Familie und seine Schule?
Roman, wie erlebst du wochenlanges Homeoffice und Homeschooling?
Ich war positiv überrascht, wie schnell wir uns als Familie zuhause auf die neue Situation haben einstellen können. Unsere Söhne wurden ab Mitte März im Homeschooling der Primarschule und des Lyceum Alpinum beschult und meine Frau konnte als Ergotherapeutin nur noch Notfallpatienten behandeln und verbrachte mehr Zeit zuhause. Schliesslich verlegte auch ich meinen Büroarbeitsplatz vom Campus in unser Haus. Funktionieren konnte ich dank der guten technischen Vorbereitungen und der Flexibilität aller Teamkolleginnen und Kollegen bei der Arbeit sehr rasch auch von zuhause aus.
«Die Bandbreitenerhöhung wurde von miaEngiadina nach einem Telefonanruf innert weniger Stunden aktiviert.»
Was geniesst du und deine Familie während dieser Zeit? Und was vermisst ihr am meisten?
Auf der einen Seite ist es sehr schön, dass wir als Familie mehr Zeit miteinander verbringen dürfen – ich bin nun fast für alle Mahlzeiten zu Hause, was im Normalbetrieb selten der Fall war. In unseren Agenden wurden viele Termine für Sporttrainings, Musikunterricht sowie private und geschäftliche Treffen gestrichen, was mehr gemeinsame Zeit ermöglichte. Dabei ist es wichtig, dass persönliche Freiräume gewährt und eine Struktur in den Tagesabläufen erhalten bleiben. Mit dem schönen Wetter der letzten Wochen konnten wir auch unseren Garten richtig geniessen. Als herausfordernd erachten wir alle den temporären Verlust der persönlichen sozialen Kontakte mit Familie und Freunden, bei der Arbeit und in der Schule, die durch Videocalls und soziale Medien nicht gleichwertig zu ersetzen sind.
Du hast die Leistung deines privaten miaEngiadina Glasfaseranschlusses kürzlich erhöhen lassen. Weshalb? Wie zufrieden bist du damit?
Die 60 Mbit/s haben bislang gut ausgereicht für uns und die vermietete Ferienwohnung. Aber da plötzlich alle vier mit mehreren Devices und auch oft zeitgleich online waren, kamen wir damit ab und zu an die Grenzen. Wer in den letzten Wochen viel Videoconferencing erlebt hat, weiss wie rasch aufgrund technischer oder infrastruktureller Fragen unangenehme Situationen entstehen können. Die Bandbreitenerhöhung wurde von miaEngiadina nach einem Telefonanruf innert weniger Stunden aktiviert. Das war schon sehr unkompliziert und unsere Probleme waren rasch gelöst, wofür wir in diesem Moment sehr dankbar waren.
Wie erlebst du den aktuellen Ausnahmezustand am Lyceum Alpinum?
Aufgrund der Internationalität unserer Schule haben wir uns früh mit dem Thema Coronavirus befasst und konnten uns gut auf die nötigen Veränderungen und behördliche Massnahmen vorbereiten. Wir rüsteten innert weniger Tage alle Schulzimmer mit Kameras aus und konnten so den Wechsel zum Online-Unterricht gut meistern. Der Internatsbetrieb auf dem Campus wurde lückenlos fortgeführt. Bereits in den Chalandamarz-Ferien blieb eine Gruppe Schülerinnen und Schüler bei uns in Zuoz, die aufgrund von Reisebeschränkungen nicht nach Hause reisen konnten. Dank intensivierter Hygienemassnahmen, Social Distancing und der Unterstützung eines tollen Teams von Betreuungspersonen und Mitarbeitenden können wir den Betrieb auf dem isolierten Campus bislang ohne Covid-19-Infektionen so gut fortführen, dass bereits einige Jugendliche ins Lyceum Alpinum zurückgekehrt sind. Der Aufwand für den reduzierten Betrieb auf dem Campus ist gross, aber damit ist gewährleistet, dass die Rückkehr der übrigen Schülerinnen und Schüler in den kommenden Wochen ohne grössere Probleme vorbereitet werden kann. Aktuell dürfen wir davon ausgehen, dass der Präsenz-Unterricht am 8. Juni wieder starten wird.
«Wir werden erkennen, dass die Digitalisierung gerade in einer Randregion wie dem Engadin Vorteile und Attraktivität bringt.»
Welche Lehren ziehst du aus der Corona-Zeit, privat und beruflich?
Unsere gesamte Gesellschaft hat in den letzten Wochen eine enorme Flexibilität zeigen und auf einiges verzichten müssen, um die gesundheitlichen Herausforderungen zu meistern und die Einschränkungen des Lock-Downs zu bewältigen. Auch am Lyceum Alpinum durften wir erfahren, dass der Einbezug der Betroffenen, das gemeinsame Suchen nach Lösungen aber auch klare Entscheidungen und transparente Information wichtig waren, um auf Akzeptanz und Unterstützung bei der Umsetzung der Veränderungen zählen zu können. In der Familie war es ebenso wichtig, sich immer wieder austauschen zu können, Erfahrungen, Unsicherheiten und Freude zu teilen. Was sicher vereinfachend wirkt, bei der Arbeit und zuhause, ist die Aufgeschlossenheit neuen Arbeits- und Lernformen gegenüber und das sinnvolle Nutzen der digitalen Tools, ohne die Balance zwischen Realität und Bildschirm aus den Augen zu verlieren.
Was wird sich deiner Ansicht nach durch Corona nachhaltig verändern, in Familie und Schule?
Wir werden noch einige Zeit brauchen, bis die Krisensituation als überstanden taxiert werden kann. Es ist zu hoffen, dass die gesundheitlichen Opfer nicht zu gross sind und die wirtschaftliche Erholung bald starten kann. Dann werden wir erkennen, dass die Digitalisierung gerade in einer Randregion wie dem Engadin Vorteile und Attraktivität bringt. Vielleicht werden wir uns bewusst, dass ein achtsamerer Umgang mit unserer Energie, unseren Aktivitäten und der Natur sinnvoll ist. Ich bin überzeugt, dass wir in der Schweiz und besonders im Engadin eine grosse Chance haben, gestärkt aus der Coronakrise zu kommen.
Roman Grossrieder ist seit 2014 Leiter Finanzen und Dienste am Lyceum Alpinum Zuoz. Der Betriebsökonom HWV/FH mit Executive MBA in General Management war zuvor in verschiedenen Organisationen der Bildungs- und Tourismusbranche sowie in der Unternehmensberatung tätig, unter anderem bei grischconsulta in Chur. Er ist Stiftungsrat bei der KiBE Oberengadin und aktiv im OK der La Diagonela. Der passionierte Jäger und Fischer lebt mit seiner Familie in Zuoz.
Interview: Dr. Béatrice Miller, Leiterin Kommunikation und Bildungsinitiativen bei miaEngiadina