MINT-Förderung an Engadiner Gymnasien
MINT-Förderung ist in aller Munde, und das nicht erst seit gestern. Es gibt Programme und Initiativen auf allen Schulstufen. Während entsprechende Strategien in Volksschulen vor allem auf kantonaler und/oder kommunaler Ebene erarbeitet werden, haben die Gymnasien und Kantonsschulen oft eine eigene MINT-Strategie. Wie sieht das bei Engadiner Gymnasien aus? Wir haben nachgefragt.
Es gibt MINT-aktive Gymnasien, MINT-Klassen und mit dem Label MINT der Akademien der Naturwissenschaften scnat seit 2019 sogar ein eigenes Label. Die Förderung von Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik scheint den Schweizer Gymnasien wichtig zu sein. Auch die Engadiner Mittelschulen setzen sich aktiv damit auseinander.
Mit Physik und Anwendungen der Mathematik und/oder Biologie und Chemie wird an allen drei Engadiner Gymnasien eines oder beide der «MINT-Schwerpunktfächer» angeboten. Am Lyceum Alpinum in Zuoz gibt es zudem die Ergänzungsfächer Chemie und Informatik. Die Academia Engiadina in Samedan setzt ergänzend vor allem auf Freifächer, die von allen gewählt werden können, unabhängig davon, welchen gymnasialen Schwerpunkt sie belegen. So gibt es ein Freifach MINT sowie neu ein Freifach Astronomie. Und auch am Hochalpinen Institut Ftan findet man mit Biologie ein MINT-bezogenes Ergänzungsfach.
Ein breites Angebot, spannende Kooperationen
Auch ausserhalb des Curriculums gibt es spannende Angebote. Das Hochalpine Institut Ftan organisiert ausserschulische Workshops in Zusammenarbeit mit der internationalen Schulgemeinschaft Education in Motion EiM (EiM). Hier liegt der Fokus auf der Förderung digitaler Kompetenzen. So können die Schüler:innen unter anderem in einem Wettbewerb innerhalb von 48 Stunden Videospiele entwickeln. Das Lyceum Alpinum Zuoz hat einen Mathematik-Club sowie für die höheren Klassen einen auf praktische Experimente spezialisierten Chemie-Club. Kurse zu Robotik und Programmieren gehören ebenso dazu wie CAD-basierte Kurse zu Digital Design. An der Academia Engiadina findet man neben den bereits erwähnten Freifächern das Ergänzungsfach Mathematik sowie Aktivitäten im Bereich Robotik.
Die Gymnasien organisieren aber auch Projekte für jüngere Kinder, an Mittwochnachmittagen, Wochenenden oder während den Schulferien. So entstehen interessante Kooperationen. Das Lyceum Alpinum Zuoz arbeitet mit der MINT Academy aus Chur zusammen und hat unter anderem schon einen Drohnen-Workshop, ein Projekt zum Bau eines ferngesteuerten Autos oder einen Robotik-Workshop lanciert. Mit der Engadiner Intensiv-Woche für Chlii und Gross setzt man auch in Samedan auf Kooperation, mit miaEngiadina. Zudem kann die neu in die Schulstrukturen integrierte Sternwarte auch für Projekte mit Volksschulen genutzt werden. Auch dem Hochalpinen Institut Ftan ist es ein wichtiges Anliegen, sowohl den Schüler:innen als auch der einheimischen Bevölkerung zukünftig mehr im Bereich MINT zu bieten. Dazu gehören beispielsweise Kurse zur Anwendung von 3D-Druckern oder Robotics.
Ähnliche Ziele, verschiedene Herausforderungen
Während es den beiden Oberengadiner Gymnasien generell darum geht, ihre Schüler:innen für MINT-Studienrichtungen fit zu machen und für genügend Nachwuchs zu sorgen, setzt man in Ftan den Fokus auf die Förderung des persönlichen Wachstums der einzelnen Schüler:innen sowie die Erweiterung ihrer Interessen, Fähigkeiten und Horizonte, um sich bestmöglich auf die digitale Zukunft vorzubereiten.
Als Herausforderung wird am Lyceum Alpinum Zuoz die Fülle an angebotenen Freifächern im extra-curricularen Bereich wahrgenommen. Die MINT-Freifächer stehen im Wettbewerb zu anderen Fächern wie Sport oder Sprachen und werden je nach Angebot mehr oder weniger gewählt. Es gibt aber auch Herausforderungen auf einer etwas übergeordneteren Ebene: MINT-Fachbereiche bzw. MINT-Studienrichtungen werden nach wie vor als sehr streng und schwierig wahrgenommen. Hinzu kommt die horrende Geschwindigkeit, mit welcher neue Technologien entstehen und die Ungewissheit über künftige Berufsprofile. Eine grosse Herausforderung besteht darin, mit diesen Entwicklungen Schritt zu halten und sicherzustellen, dass die angebotenen Fächer relevant sind und im Einklang mit dem Wandel der digitalen Zeit stehen.
Ein Tal, drei Gymnasien, viele interessante Ansätze: Gemeinsam ist ihnen, dass sie MINT-Förderung über ihre Schule hinaus betreiben und vermehrt Programme für jüngere Schüler:innen oder generell für die breite Bevölkerung im Tal anbieten. Der Austausch untereinander ist wichtig und über verschiedene Kanäle etabliert. Eine Rolle spielt dabei auch das Netzwerk MINT Engiadina, über welches die drei Gymnasien einen spannenden Austausch mit anderen Anbieter:innen von ausserschulischen MINT-Aktivitäten haben und ihre Angebote über den Newsletter MINT Engiadina bekannter machen können.
«Für jene, die in der Primar- oder Sekundarschule nicht so gute Erfahrungen gemacht haben mit Mathematik, ergibt sich im Gymnasium nochmals eine Gelegenheit, sie für Mathematik oder generell für die MINT-Fachbereiche zu begeistern. Als regionale Bildungseinrichtung sehen wir unseren Auftrag nicht nur in der Lernbegleitung unserer Schüler:innen, sondern verstehen uns auch als Vermittler aller Bildungsstufen zu den Hochschulen.»
«MINT-Förderung ist auf allen Stufen wichtig, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken sowie auch, um die nach wie vor unterrepräsentierten jungen Frauen kontinuierlich für MINT-Themen zu begeistern. Da müssen auch die Gymnasien ihren Teil dazu beitragen. Bezüglich MINT auf der Gymnasialstufe geht es generell darum, die Schüler:innen fit zu machen für MINT-Studienrichtungen, u.a. für ein Studium an der ETH.»
«In der digitalen Ära und angesichts des raschen technologischen Fortschritts müssen wir unsere jungen Menschen auf die Zukunft vorbereiten. MINT bietet den Schüler:innen die Möglichkeit, digitale Kompetenzen zu erlernen und zu entwickeln, die sie in der realen Welt anwenden können. Unser Ziel ist es, aktuelle und zeitgemässe MINT-Kurse und Veranstaltungen sowohl für unsere Schüler:innen als auch für die breitere Gemeinschaft im Engadin anzubieten.»
Text: Clelia Bieler, Co-Leiterin Bildungsinitiativen miaEngiadina und Geschäftsführerin Frau MINT