Löten, verdrahten und programmieren: Diese Tätigkeiten haben Mevina Feuerstein fasziniert, als sie im Teenager-Alter an einer Robotik-Studienwoche von Schweizer Jugend forscht teilgenommen hat. Die Faszination für Technik ist bis heute geblieben und hat die 39-jährige über ein Maschinenbau-Studium zu einem grossen Ingenieur- und Beratungsunternehmen für nachhaltige Energielösungen gebracht.

Beschreibe uns in drei Sätzen deinen Arbeitsalltag.

Ich formuliere Strategien im Energiebereich für Energieversorgungsunternehmen, Areale und Gemeinden – teilweise selber am Computer, teilweise an Workshops mit Kund:innen und teilweise in der bilateralen Diskussion am Telefon. Dafür analysiere ich Trends, das rechtliche und politische Umfeld und Potenziale, formuliere Handlungsfelder und überlege mögliche Massnahmen. Ausserdem tausche ich mich mit diversen Personen aus oder lese Berichte über neue Technologien, um mein Netzwerk und mein Wissen zu erweitern.

Kannst du dich an ein Schlüsselerlebnis erinnern, welches dich zur jetzigen Berufswahl ermutigt hat?

Im Schwerpunktfach Mathe-Physik hat mir mein Physiklehrer am Lyceum Alpinum Zuoz einen Flyer für eine Robotik-Studienwoche für Mädchen von Schweizer Jugend forscht hingelegt. Wir haben in der Woche gelötet, verdrahtet und programmiert und schlussendlich einen funktionierenden Roboter kreiert. Daraufhin habe ich mich für das Maschinenbau-Studium entschieden.

Was war bisher dein grösster Erfolg in deinem beruflichen Leben?

Ich kann da nicht von einem einzelnen Ereignis sprechen. Jeder Erfolg konnte ohne einen vorhergehenden Schritt nicht erfolgen. Zwei Beispiele aus meinem bunten Strauss an Erfahrungen: Ich habe diverse Anlagen mit neuen Technologien wie Brennstoffzelle oder Eisspeicher in der Projektentwicklung, Realisierung und Inbetriebnahme als Projektleiterin begleitet. Ausserdem habe ich diverse Kund:innen, von kleineren Gemeinden, über grosse Energieversorgungsunternehmen bis hin zu Bahnunternehmen den Weg in eine erneuerbare Energieversorgung aufgezeigt und die Umsetzung von Massnahmen begleitet.

Und deine grösste Enttäuschung oder «Niederlage»?

Auch hier sind die Erfahrungen vielfältig. Beispielsweise die Erkenntnis, dass meine Zeit und Ressourcen begrenzt sind. Die Erfahrung, dass nicht alle dasselbe Ziel verfolgen, braucht zeitweise viel Energie. Eine sehr grosse Enttäuschung war das «Nein» an der Urne zum CO2-Gesetz 2021. Und ich mache ab und zu die Erfahrung, dass das Lebensmodell einer MINT-Berufsfrau mit (kleinen) Kindern immer noch für viele Entscheidungsträger unbekannt ist und damit zu Missverständnissen führt.

Was hast du daraus gelernt? Hat dich diese Erfahrungen weitergebracht? Wenn ja, inwiefern?

Ich habe gelernt, mich zu fokussieren und meine Tätigkeiten zu priorisieren. Ausserdem habe ich gelernt zuzuhören, zu kommunizieren, und Menschen früh einzubeziehen.

Hast du Unterstützung aus deinem Umfeld erhalten? Oder gab es auch negative Reaktionen?

Ich bin jemand, die sich das Umfeld so gestaltet, wie ich es für meine aktuelle Situation brauche. Ich fordere Unterstützung, Feedback oder eine Auszeit.

Hattest du für deine Aus-/Weiterbildung / aktuelle Tätigkeit ein Vorbild oder eine Person, die dich besonders gefördert hat? Wer war das und weshalb?

Mein erster Vorgesetzter hat mich sehr geprägt. Er hat mir von Anfang an bedingungslos vertraut. Mir spezielle, interessante, fordernde Projekte übertragen. Ich bin in den zwei Jahren sehr gewachsen und es hat mir eine solide Basis für die weitere berufliche Entwicklung gebracht.

Wie sieht dein Berufsbild / deine aktuelle Tätigkeit in 5 oder 10 Jahren aus? Wirst du diesen Beruf nach wie vor ausüben?

In 5 Jahren kann ich mir gut vorstellen, auf der strategischen Ebene eines Unternehmens mitzuwirken und von da aus die Energieversorgung erneuerbar zu gestalten.

Mevina Feuerstein (39) ist im Engadin aufgewachsen und hat am Lyceum Alpinum in Zuoz ihre Matura mit Schwerpunktfach Mathe-Physik absolviert. Nach ihrem Maschinenbau-Studium an der ETH Zürich mit Vertiefung in Energietechnologien hat sich Mevina in nachhaltigem Bauen und Management von Energieversorgungsunternehmen weitergebildet. Aktuell arbeitet sie als Senior Consultant Energie bei der Amstein + Walthert AG und wohnt mit ihrer Familie in Zürich.

Interview: Clelia Bieler, Co-Leiterin Bildungsinitiativen miaEngiadina und Geschäftsführerin Frau MINT