Die junge Engadinerin Nadja Baumgartner aus Scuol hat ihre Berufung gefunden: Inspiriert durch die Berge, ihre Geografielehrerin und ihre Maturaarbeit über die Macun-Seen studiert sie an der ETH Zürich Erd- und Klimawissenschaften. Und ist glücklich darüber.
Nadja, beschreibe uns in drei Sätzen deinen Arbeitsalltag:
Ein typischer Arbeitsalltag besteht bei mir hauptsächlich aus Vorlesungen und Übungsstunden an der ETH. Ich habe beispielsweise am Morgen eine Mathematikvorlesung und einen Repetitionskurs in «Dynamische Erde». Nach dem Mittagessen in der Polymensa findet am Nachmittag noch eine Vorlesung zur Geologie der Schweiz statt.
Kannst du dich an ein Schlüsselerlebnis erinnern, welches dich zur jetzigen Berufswahl ermutigt hat?
Der Hauptgrund, weshalb ich Erd- und Klimawissenschaften studiere, ist sicher, dass ich im Engadin aufgewachsen bin. Die Berge haben mich schon immer fasziniert, und mit diesem Studium kann ich nun herausfinden, wie sie entstanden sind. Das letzte Schlüsselerlebnis war schlussendlich meine Maturaarbeit über die Macun-Seen. Diese Arbeit zu schreiben hat mich in meiner Studienwahl bekräftigt.
Was war bisher dein grösster Erfolg in deinem beruflichen Leben?
Ich denke mein grösster Erfolg bisher ist, das richtige Studium für mich gefunden zu haben. Ich habe lange hin und her überlegt, was ich nun studieren will. Dass ich mich schlussendlich für die Erdwissenschaften entschieden habe, ist ein Glücksfall, denn ich habe mich in diesem Studium selbst gefunden.
Und deine grösste Enttäuschung oder «Niederlage»?
Momentan habe ich zum Glück noch keine grosse Enttäuschung einstecken müssen, aber dies ändert sich vielleicht, nachdem ich die Ergebnisse der Basisprüfungen bekommen habe. Aber auch falls diese nicht wunschgemäss ausfallen würden, wäre dies für mich kein Grund, das Studium zu wechseln, sondern einfach für den zweiten Versuch noch mehr zu lernen. Ich denke aber, dass das Arbeitspensum, welches ein Studium an der ETH braucht, schon sehr hoch ist, auch wenn ich dachte, ich wüsste, was auf mich zukommt.
Was hast du daraus gelernt? Hat dich diese Erfahrungen weitergebracht? Und wenn ja, inwiefern?
Die Erfahrungen meines ersten Studienjahres haben mich gelernt, dass ein ETH-Studium nicht auf die leichte Schulter genommen werden darf. Die Tage sind sehr lang und anstrengend und man muss viel Zeit in das Lernen stecken. Gleichzeitig ist es aber auch sehr wichtig, einen Ausgleich zu finden, denn es heisst ja immer, die Studienzeit sei die beste Zeit des Lebens.
Hast du Unterstützung aus deinem Umfeld erhalten? Oder gab es auch negative Reaktionen?
Meine Eltern haben mich immer in meinen Entscheidungen unterstützt, so auch zu meiner Studienwahl. Für meine Mutter war es absolut keine Überraschung, dass ich mich in Naturwissenschaften ausbilden lassen wollte. Aber es gab natürlich auch skeptische Blicke, als ich sagte, dass ich an die ETH will. Manche Kollegen und Freunde haben mir gesagt, dass dies mein Tod sei.
Hattest du für deine Aus-/Weiterbildung / aktuelle Tätigkeit ein Vorbild oder eine Person, die dich besonders gefördert hat? Wer war das und weshalb?
Ich denke nicht, dass eine spezifische Person ein Vorbild für mich war, sondern mehrere. Eine wichtige dabei ist meine ehemalige Geografielehrerin am Gymnasium. Sie hat mich mit ihrer Leidenschaft und Passion für die Erdwissenschaften angesteckt. Ich durfte zusammen mit ihr als Lehrperson meine Maturaarbeit schreiben, was mich sicher auch zu meiner Studienwahl geführt hat.
Wie sieht dein Berufsbild / deine aktuelle Tätigkeit in 5 oder 10 Jahren aus? Wirst du diesen Beruf nach wie vor ausüben?
Meine grosse Hoffnung ist, dass ich in fünf Jahren mein Masterdiplom in den Händen halten kann. Was darauf folgt, ist absolut ungewiss. Möglicherweise bin ich an meinem Doktorat dran, oder ich arbeite in einem Geologiebüro im Engadin. Mein Traum ist es jedenfalls, einmal die Landschaft zuhause im Engadin erforschen zu können.
Nadja Baumgartner (21) ist in Scuol aufgewachsen und hat am Lyceum Alpinum in Zuoz das Langzeitgymnasium besucht. Das Thema ihrer Maturaarbeit lautete: «Zusammenhang zwischen Radongehalt im Wasser und dessen Gesteinsuntergrund». Nun studiert Nadja im dritten Semester Erd- und Klimawissenschaften an der ETH Zürich. Unter der Woche lebt sie in Zürich. Am Wochenende zieht es sie nach Hause ins Engadin.
Interview: Dr. Christian Grütter, Prorektor und Leiter Maturaabteilung am Lyceum Alpinium Zuoz